"Schule ist kein Gefängnis - sondern der Ausbruch
daraus." (Hermann Giesecke, 1932 - 2021)
Themenfeld Schule - darunter fällt natürlich vieles: die leidige Schulformdebatte, fragwürdige Lehrpläne, karge Bildungsfinanzen. Hier soll es aber vor allem um die Kernaufgabe von Schule gehen ...
Auf den Unterricht kommt es an!
Unterricht? Heißen die schulpädagogischen Mantras heute nicht Individualisierung, Eigenverantwortlichkeit, Selbststeuerung, Digitalisierung? Erscheint die Lehrkraft als Führungsfigur nicht bereits als bedrohte Art, das Unterrichten "des ganzen Haufens" als Relikte einer auslaufenden Epoche?
Jenseits von zeitgeistigen Moden und kultusministeriellen Trends offenbaren Lern- wie Unterrichtsforschung indes: Gerade das gemeinsame und wohlstrukturierte Lernen mit einem gebildeten Erwachsenen bietet jungen Menschen eine einzigartige Chance, über ihr bisheriges Sein hinauszuwachsen, ihren Horizont auch über den medialen Mainstream hinaus zu erweitern, ihre Selbstbezüglichkeit durch Kooperation und Werteorientierung abzuschwächen ...
Schulentwicklung: Alles für die Katz?
"Schulprogramme und Leitbilder haben Schülern nicht geholfen.(...) Es sind auch keine Problemlöseschulen oder Lernende Schulen entstanden. (...) Der Nutzen von Steuergruppen konnte nicht nachgewiesen werden. (...) Die sogenannten Bildungslandschaften lassen weder Lehrer noch Schüler aufblühen. (...) Es geht kaum um Unterrichtsverbesserung, und die zwischenmenschlichen Beziehungen werden zu wenig beachtet."
(Prof. Jörg Schlee in "Schulverwaltung NW" 1/2014) Buchrezension 2014
Lernwirksamkeit - in 4 Stichworten: Klassenführung, kognitive Aktivierung, Lernklima, Feedback
► zur rehabilitierten Führungsrolle der Lehrperson hier mehr
► zur Weiterentwicklung des pädagogischen Feingefühls hier mehr
► zu den Möglichkeiten und Grenzen individueller Förderung hier mehr
► zu praxisrelevanten Details der Lern- und Unterrichtsforschung hier mehr
Außerdem: zu den Chancen und Risiken des Konzepts Inklusionsschule hier mehr
AB & ZU: Feltens Zwischenruf
12/2018: Lehrermangel: Lamento oder Analyse?
Aller administrative Aktionismus darf nicht darüber hinwegtäuschen: Der immer deutlicher werdende Lehrermangel in Deutschland war seit längerem absehbar - und er wäre vermeidbar gewesen.
Das aber kann doch nur zweierlei bedeuten: Entweder waren fast alle Schulministerien samt KMK in ihrem zentralen Aufgabenbereich Personalbeschaffung untätig oder unfähig. Oder aber die Politik hat den Mangelzustand mutwillig entstehen lassen.
Sei es in der Erwartung, ein Niedergang des öffentlichen Schulsystems werde ja vom privat finanzierten Bildungssektor teilweise aufgefangen. Sei es auch in der Hoffnung, man könne demnächst ohnehin jeden zweiten Lehrer durch Computer ersetzen. Und wer will schon ausschließen, dass hinter der Notlösung 'jetz mehr Seiteneinsteiger' das Kalkül 'demnächst weniger Studienplätze' steckt.
Jede dieser Varianten des Kaputtsparens müsste in einer aufgeklärten Bildungsnation mindestens zu landesweitem Aufschrei führen ...
1/2019: Lehrerfortbildung mangelhaft?
Ja, das Feilen an der Unterrichtsqualität wurde seit längerem vielerorts stiefmütterlich behandelt – eine Folge ideologischer Bildungspolitik wie landläufiger Forschungsskepsis. Schon 2013 musste Prof. Jörg Schlee (Uni Oldenburg) bilanzieren: "Schulentwicklung gescheitert". Und warum? „Schulprogramme und Leitbilder haben Schülern nicht geholfen. (…) Der Nutzen von Steuergruppen konnte nicht nachgewiesen werden. (…) Es geht kaum um Unterrichtsverbesserung, und die zwischenmenschlichen Beziehungen werden zu wenig beachtet.“
So merkwürdig es sich anhört: Lehrerkollegien brauchen Aufklärung über den aktuellen Stand der Unterrichtsforschung. Die Befunde der Hattie-Studie etwa, dieser weltgrößten Datensammlung über Lehr-Lern-Effekte, gehören gründlich aufgearbeitet, methodisch wie pädagogisch. Denn ihre Botschaft ist geradezu revolutionär: Die Mär vom selbstgesteuerten Lernen und eigenverantwortlichen Arbeiten etwa wird drastisch dekonstruiert, die Lehrperson hingegen als souveräne, aktivierende und feinfühlige Führungskraft ebenso rehabilitiert wie fokussiert. Ausgelaugte oder verunsicherte Lehrkräfte können vor diesem Hintergrund neue Unterrichtskraft schöpfen.
Aber solches Aufarbeiten wirkt natürlich tiefer, wenn es langfristig angelegt ist und den kollegialen Austausch einschließt. Und es gelingt oft besser, wenn es von erfahrenen Praktikern geleitet wird, die trotz mühevollen Alltags pädagogische Begeisterung wachzuhalten oder neu anzufachen verstehen - für das Faszinierende eines Fachgebietes ebenso wie für das Spannende an schwierigen Schülern.